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Das Klinische Ethik-Komitee (KEK) ist ein interdisziplinär zusammengesetztes Beratungsgremium, das als berufsgruppenübergreifendes Diskussionsforum für ethische Entscheidungskonflikte im klinischen Alltag zur Verfügung steht. Das KEK dient sowohl Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Universitätsklinikums bzw. der BG Klinik als Ansprechpartner. Es erarbeitet Leitlinien zu schwierigen medizinethischen Fragen, bietet klinische Ethikberatungen und verschiedene Fortbildungen.
Zu den medizinethischen Fragestellungen gehören u.a.: Patientenverfügung, Therapiebegrenzung am Lebensende, Aufklärung und Einwilligung, Pränataldiagnostik.

Der Klinikumsvorstand ernennt für die Dauer von drei bzw. vier Jahren die Mitglieder des KEK aus den Arbeitsbereichen Medizin, Pflege, Seelsorge, Verwaltung, Rechtswissenschaften und Medizinethik. 

Nähere Informationen für das Klinischen Ethik-Komitees des Universitätsklinikums Tübingen finden sie -→hier. Über das Angebote einer Klinischen Ethikberatung unter Mitwirkung der Seelsorge informiert Sie dieser Flyer.

Seelsorger im UKT-KEK sind: Klaus-Dieter Pape und Joachim Schmid, beide sind Ethikberater im Gesundheitswesen (AEM).

Nähere Informationen für das Klinischen Ethik-Komitees der BG Klinik Tübingen finden Sie -→hier.  
Seelsorger im BG-KEK sind: Georg Gawaz als Stellv. Vorsitzender und Wolfgang Krimmer als Ethikberater im Gesundheitswesen (AEM).

 

Über die Arbeitsweise des Klinischen Ethikkomitees am UKT informiert Sie dieser Film

Interview anlässlich des 20jährigen Jubiläums „Bündnis gegen Depression Neckar-Alb e.V.“

Prof. Dr. Eschweiler, vor 20 Jahren haben Sie das Bündnis gegen Depression in Tübingen ins Leben gerufen. Gab es einen konkreten Anlass und wie waren die Anfänge?

Depressionen sind häufige psychische Erkrankungen in der Bevölkerung, die jedoch auch schambe-setzt sind, sodass sie nicht erkannt oder behandelt werden. 2003 hat Professor Hegerl das erste Bündnis-gegen-Depression in Nürnberg gegründet. Er konnte zeigen, dass Informationen und Schulungen zum Umgang mit depressiven Menschen die Häufigkeit von Suizidversuchen und Suiziden deutlich senken kann. Dies haben wir in Tübingen und Reutlingen im Frühling 2005 zum Anlass genommen, das erste Bündnis gegen Depression in Baden-Württemberg zu gründen. Zu Beginn waren sehr viele Professionelle im Gesundheitswesen im Bündnis aktiv, aber auch Betroffene und Angehörige. Zur Auftaktveranstaltung in der Aula der Universität kamen rund fünfhundert Menschen.  Unsere Arbeit informierte Betroffene und Angehörige, sowie Ärzte, Lehrer und Seelsorger in Dutzenden von Veranstaltungen und Workshops. 

Herr Schmid, welche Rolle spielt die Klinikseelsorge in der Begleitung von Menschen mit Depressionen?

Viele Betroffene empfinden Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit und weitere Symptome als persönliches Versagen oder gar als moralische Schuld. Mit jemandem darüber sprechen zu können, ist bereits ein erster hilfreicher Schritt. Meine seelsorgerliche Begleitung ist allerdings nicht so, dass ich Ratschläge gebe, die ja immer weitere Schläge ins depressive Gemüt wären. Doch ein anteilnehmendes, empathisches Dasein und Zuhören wird geschätzt. Ich versuche dabei auch die bohrenden Fragen „warum trifft es mich gerade?“ mit auszuhalten. Und meist verändert sich die Perspektive im Laufe der Zeit. 

Herr Eschweiler, wie kann eine Therapie aussehen und welche Erfolgsaussichten gibt es?

Die Grundpfeiler der Therapie sind Antidepressiva und Psychotherapie. Die Erfolgsaussichten sind gut, insbesondere wenn ein unterstützendes und aktivierendes Umfeld besteht. Die Therapien sollten bei rezidivierenden (wiederkehrenden) Depressionen auch nach einer Genesung fortgeführt werden, um Rückfälle zu vermeiden. Bei Unterformen der Depressionen helfen auch Wachtherapie oder Lichttherapie. Basistherapien sind Achtsamkeit, Ergotherapie und körperliche Ausdaueraktivitäten (wie Walken oder Fahrradfahren).

Herr Schmid, welche besonderen Herausforderungen erleben Sie in der seelsorgerlichen Begleitung depressiv erkrankter Menschen? 

In einer Depression kann das Gefühl auftreten, seinen Glauben und das Gottvertrauen verloren zu haben. Wenn Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Gottverlassenheit krankheitsbedingt dominieren, möchte ich als Klinikseelsorger dennoch am Vertrauen festhalten und auch ein Stück stellvertretend hoffen. Im Unfassbaren und Unsagbaren nach Worten zu ringen, ist auch für mich bewegend. Und dann vor allem zu erleben, dass Wege sich wieder öffnen können. 

Herr Eschweiler, wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen der Klinikseelsorge und dem Bündnis gegen Depression Neckar-Alb e.V.? 

Seit der Gründung war unser damaliger Klinikseelsorger Pfarrer Christoph Schuler im Vorstand aktiv und hat auch selbst Vorträge und Infoveranstaltungen übernommen. Später folgte Pfarrer Friedemann Bresch und seit 4 Jahren ist Joachim Schmid als Klinikseelsorger im Vorstand. Wir haben eine enge Bindung an die evangelische Kirchengemeinde Tübingen und nutzen regelmäßig das Gemeindehaus Lamm direkt am Marktplatz, um die Menschen in der Stadt auch außerhalb unserer Klinik zu treffen. 

An Sie beide die Frage, welche Bedeutung hat Spiritualität und Religion für den Heilungsprozess aus Ihrer Erfahrung?

Gerhard Eschweiler: Spiritualität ist eine große Ressource und ein Schutzfaktor vor depressiven Störungen, wie einige Feldstudien in Europa und den USÁ gezeigt haben. Insbesondere bei älteren Menschen und körperlich Erkrankten kann Spiritualität Hoffnung und Sinn geben trotz fehlender Fähigkeiten, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen. Im zwanzigsten Jahrhundert gab es auf den Stationen aber auch häufiger Patienten mit Schuld- und Versündigungswahn bei schweren Depressionen. Dies hat durch liberalere Moralvorstellungen und einer geringeren kirchlichen Bindung abgenommen. Sinnstiftung zu vermitteln, übersteigt die Fähigkeiten von Psychotherapeuten und Psychiatern. Hier sind das einzelne Individuum und die Gemeinschaft einschließlich der Kirchen gefordert. 

Joachim Schmid: Religion und Spiritualität haben ein großes Potential für Menschen in Krisen. Allerdings verstehe ich den Glauben eines Menschen nicht nur funktional zur besseren Bewältigung einer Krankheit. Das kann sich nämlich schnell ins Gegenteil verkehren nach dem Motto: „Du musst nur richtig glauben (oder deine Spiritualität pflegen), dann kannst du die Depression überwinden.“ Leider gibt es nach wie vor religiöse Gemeinschaften, die nicht befreiend wirken. Ebenso ist es, wenn Spiritualität ressourcenorientiert verzweckt wird. Dies führt zu weiteren perfektionistische Selbstansprüchen und kann gerade psychisch erkrankte Menschen verstärkt unter Druck setzen. Dagegen möchte ich den mitleidenden Gott zur Seite stellen und Christus, der von Ängsten, Zwängen und einer fehlgeleiteten Selbstoptimierung befreit.