Foto: Marco Barnebeck / pixelio.de

Durchblick haben
von Dieter Eckmann

Vorgestern sah ich, wie ein junger Mann nach Anbruch der Dunkelheit sich eine alles noch mehr verdunkelnde Sonnenbrille aufsetzte. Irgendwie verrückt, dachte ich – obwohl er für manche schon verdammt cool aussehen dürfte auf seinem Weg zum Feiern. Keinen Durchblick mehr haben, den Überblick verlieren, nicht mehr klar sehen – sollten da vielleicht zu viel Sonnenbrillen mit im Spiel gewesen sein? Der erste Blick am Morgen gilt dem Dashboard des Robert-Koch-Instituts, sagte mir unlängst ein Kollege: Was machen die Corona-Zahlen, wie viele Tote sind zu beklagen, wie entwickelt sich der Inzidenzwert? Schaffen Zahlen den Durchblick? Unsere Zeit ist ja nicht erst seit Corona davon geprägt. Stichwort: Digitalisierung. „Alles“ wird in ein System von „0“ und „1“ übersetzt. Was rechnet sich noch? Wie können wir schneller und kostengünstiger und mit weniger Einsatz mehr erreichen? Dass dieses Rechnen auch im Klinikalltag angekommen ist, wundert nicht …

Vielleicht können wir diese Sommerwochen als Gelegenheit nutzen, immer wieder aus dem „Zählen“ auszusteigen. Was uns ausmacht, was uns trägt, sind letztlich ganz andere Dinge! Und wer sich eine Sonnenbrille aufsetzt, der muss nicht meinen, dass Gott unseren wahren Alltag nicht sieht. ER ist unser Optiker. ER ist weitsichtig und kurzsichtig zugleich. ER sieht uns an und durch uns hindurch. Durch und durch, mit unseren Augen…

 

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Pfarrer
Dr. Dieter Eckmann (kath.)