Foto: John Molleson, Edinburgh

Wer Angst hat, hat Recht? 
von Beate Schröder

Wir sind mitten in den Sommerferien. Viele sind verreist. Es ist ruhig auf den Straßen. Ist es die Ruhe vor dem Sturm?

Wie wird es sein, wenn die Ferien zu Ende sind und die Urlauber zurückkehren, manche aus Risikogebieten? Wenn die Schule beginnt und das Leben sich eher in geschlossenen Räumen abspielt? Droht dann eine zweite Welle der Corona-Pandemie? Oder sind wir da schon mitten drin, wie einige behaupten?

Wir haben es erlebt: Ganz unterschiedlich wird das Infektionsrisiko empfunden. Für die einen können es nicht genug Vorsichtsmaßnahmen sein. Anderen erscheint das alles übertrieben. Sie stehen nah beieinander und schütteln den Kopf über die strengen Regeln. Wie soll man mit dieser unterschiedlichen Wahrnehmung umgehen?

Eine Freundin sagte mir: „Wer Angst hat, hat recht! Du kannst Corona-Ängste nicht wegdiskutieren. Angst ist eine Empfindung. Die gründet tief.“ Das heißt: Es ist sinnvoll, Ängste zu respektieren.

So wenig wie ich einem Kind die Angst vor dem Sprung vom Dreimeter Brett nehmen kann, indem ich ihm etwas über die Oberflächenspannung des Wassers erzähle, – so wenig gelingt es, Verängstigten in der  Corona-Pandemie  ihre Ängste auszureden.

Zugleich gehört für uns Christen auch ein Fragezeichen hinter die Angst. Jesus hat das in einen spannungsreichen Satz ausgedrückt: „In der Welt habt ihr Angst – aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.“ (Johannes 16,33) Die Angst ist da. Sie hat einen Grund und sie hat ein Recht.

Aber das ist nicht das Ende. Angst muss nicht lähmen. Es gibt einen Weg hinaus. Corona ist eine reale Bedrohung – wie andere auch. Das erleben wir im Krankenhaus besonders deutlich: Wie schwer der Verlauf einer Corona-Erkrankung sein kann. Und zugleich: Wie bedroht unser Leben zu jeder Zeit ist  -  vor Corona und nach Corona. Doch eines gilt immer: Ich bin und bleibe auch in höchsten Nöten von Gott getragen!

Davon dürfen wir uns getragen wissen, beide, die Ängstlichen und die Unbeschwerten. Und in dieser Gewissheit können wir uns gegenseitig respektieren.

 

Sie möchten der Autorin eine Rückmeldung geben?
Schreiben Sie eine Nachricht:

Pfarrerin
Beate Schröder (evang.)