
November
von Dieter Eckmann
November - mit diesem Monat verbinden viele Menschen eine schwierige Zeit. Kalter, nebliger Himmel, Blätter auf den Gehwegen, Herbst. Auch die Natur selber singt ihr Lied in Moll und ruft uns unweigerlich Gedanken von Vergänglichkeit, von Sterben und Tod ins Ohr. Zur Zeitenwende in der Natur erleben wir in diesem Jahr eine nicht minder belastende, von höchster Ebene angesagte, deutlich spürbare Zeitenwende in Gesellschaft und Politik.
Man kann dem November als Monat der Einkehr und Innerlichkeit etwas abgewinnen – früher bildeten die Tage zwischen Martinsfest und Weihnachten in der Tat eine zweite Fastenzeit, eine Zeit der Exerzitien und der inneren Vorbereitung auf das Christfest. Man könnte aber auch bewusst Ausschau halten nach sogenannten „Aufstellern“. Meinen schweizerischen Wurzeln folgend entdeckte ich unlängst dieses im Deutschen unbekannte Wort. Mit einer „aufgestellten Person“ meinen unsere Nachbarn einen Menschen, der das Leben meistert, gut drauf ist – oder sie meinen ein Erlebnis, das ein echter Aufsteller ist. Etwas also, das einen aufrichtet, aufhellt.
Gerade jetzt brauchen wir solche „Aufsteller“ mehr denn je – um angesichts der stimmungsmäßig-persönlichen und weltpolitisch so angespannten Großwetterlage nicht zu verzweifeln. Wie sagte mir eine Patientin: „Wissen Sie, irgendwie erinnert mich diese Jahreszeit nicht nur an das Vergängliche. Das Licht im November, haben Sie das schon gesehen? Es ist so anders, so warm, so nah.“
Lichtblicke dieser Art, visuell, akustisch – das wünsche ich Ihnen. Begegnungen mit Menschen, die einen aufrichten statt zusammenfalten. Erfahrungen von Stille hinter der Stille. Ein Leben im Hier und Jetzt mit dem Blick für das Unscheinbare, Kostbare. Und vielleicht auch selber die Haltung eines „Aufsteller-Seins“ für Menschen, die das in diesen Tagen so notwendig brauchen…

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