Der Geist weht, wo er kann
von Klaus Dieter Pape

… und nicht: wo er will.  So übersetzt der 1945 in Paris verstorbene Lyriker und Philosoph Paul Valery den Vers aus Johannes 3, 8, wo der Geist Gottes mit dem Wind verglichen wird.

Wenn die Kirche an Pfingsten ihre Geburtsstunde begeht, dann ist der Geist Gottes das entscheidende Kriterium für ihr Dasein bis zum heutigen Tag. Nach dem Zeugnis der Bibel kann der Geist Gottes uns überall überraschen und heimsuchen. Doch als freie Geschöpfe Gottes können wir auch das Eindringen des Geistes Gottes unmöglich machen. „Wes Geistes Kind man ist“, dieser Satz hat ganz viele Facetten:
Fragt man z. B. nach dem Geist, der eine rechtsradikale Vereinigung umtreibt, ist es ein Geist der Intoleranz, der Gier nach Macht, ein Geist der Gewalt und des Todes.
Fragt man nach dem Geist eines nur auf wirtschaftlichen Erfolg getrimmten Unternehmens, dann finden wir den Geist des unbedingten Mehrwertes, der den Stärkeren immer über den Schwächeren stellt, es sei denn, eventuelles Mitleid mit dem Schwächeren könnte guten Umsatz bringen.
Fragt man nach dem Geist, der religiöse Fanatiker umtreibt, ist es der Geist der Selbsterlösung und des Hasses auf das „Anderssein.“
Fragt man nach dem Geist, der Regierungen immer wieder in die Spirale von Gewalt und Gegengewalt  treibt, ist es der Geist der Selbstgerechtigkeit und der Geist der Angst vor Schwäche.

Und wir? Wessen Geist sind wir? Machen wir zu oder auf, wenn wir von den Krisen und Stürmen des Lebens durchgeschüttelt werden? Nach der Zusage der Bibel können wir den Geist Gottes, wie er in Jesus von Nazareth zur menschlichen Dimension wurde, zu unserer Kraft- und Identitätsquelle machen. Das hätte Konsequenzen:

Pfingsten ist immer dann...

 Pfingsten ist immer dann,
wenn uns ein Wort trifft, das die Ketten sprengt,
wenn uns ein Blick trifft, der uns ins Herz sieht.

Pfingsten ist immer dann,
wenn wir die Kraft spüren, die vom Wort Jesu ausgeht,
wenn Gottes Liebe in einen Menschen fällt.

Pfingsten ist immer dann,
wenn wir voll Freude und Freimut werden,
und das Herz sprechen lassen, über selbstgemachte und gesetzte Grenzen hinaus.

Pfingsten ist immer da, wo Liebe möglich ist.

 

 

Sie möchten dem Autor eine Rückmeldung geben?
Schreiben Sie eine Email:

Diakon
Klaus Dieter Pape (kath.)

 

 

 

Textquelle: Anni Hennersperger/Michael Hüttner, Gemeinschaft feiern. Ein Werkbuch für Jugendgottesdienste, Lahn-Verlag Limburg 1994.