
Dieses Mosaik hängt seit einiger Zeit im Andachtsraum der Psychiatrie. Es zeigt eine leuchtend gelbe Sonne auf blauem Hintergrund. In der Mitte ist mit Rot sehr vorsichtig ein Kreuz angedeutet.
Man kann es als Osterbild verstehen. Da ist zwar noch die Erinnerung an das Kreuz, an all die Verletzungen, die Schmerzen, die Angst, die Ohnmacht und die Verzweiflung. Blutrot in der Mitte mit spitzen Enden wie Dornen. Aber das Kreuz ist quasi neu eingefasst in die Sonnenscheibe.
Es bedroht uns nicht mehr. Und so bekommt es einen neuen Rahmen und eine neue Bedeutung. Aus dem Todessymbol wird die Mitte eines hellen und hoffnungsvollen Bildes und das blutige Rot wird zur interessanten Ergänzung von Blau und Gelb.
Für das Mosaik wurden eingefärbte Scherben auf eine Acrylscheibe aufgeklebt und mit Gips verfugt. So entstand aus scheinbar wertlosen Scherben ein schönes Bild. Es ist die Arbeit einer Frau, in deren Leben vieles zerbrochen war. Auch der Glaube war fragwürdig geworden. Aber durch Therapie fand sie einen Weg, die Scherben aufzusammeln und zu einem neuen Bild zu ordnen. Sie schreibt dazu:
Ganz ähnlich formuliert es die Dichterin Rose Ausländer in ihrem Gedicht „Glasscherben“ *:
Eine neue Sichtweise finden, einen neuen Rahmen, in dem das Erlebte sich zu einem schönen Bild ordnet, das ist das Geheimnis bei der Bewältigung von Krisen. Im Glauben an Gott kann ich einen solchen Rahmen finden. Ich kann einmal alles Erlebte in den Rahmen seiner Liebe stellen und durch die Kräfte der Hoffnung und des Vertrauens sich neu ordnen lassen. Ich kann mein Schicksal einzeichnen in das Schicksal von Menschen der Bibel oder in dasjenige von Jesus. Vielleicht bekommt es dann eine neue Bedeutung. Ich kann aus meinem Leben einen Spiegel machen für das Leben, das von Gott kommt. Vielleicht fängt es dann an zu leuchten.
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Pfarrer
Friedemann Bresch (evang.)
* Quelle: Rose Ausländer, Der Traum hat offene Augen, Fischer Taschenbuch Verlag 1983, S. 38