Im Schweren Leichtigkeit entdecken
von Friederike Bräuchle
Dunkle Wolken hängen tief und schwer über dem kaum darunter sichtbaren Land und sorgen dafür, dass alles in ununterscheidbares Schwarz getaucht ist. Und wer lässt da Seifenblasen aufsteigen, als wenn er/sie sich einen Scherz auf diese bedrohliche Wetterlage erlaubte? Steht da im Vordergrund, unsichtbar für die Betrachter, ein Kind und macht sich einen Spaß grade zum Trotz, als wollte es dem Wetter sagen: `Ich lasse mir von dir doch nicht das Spiel verderben´?
Ich denke an das Gespräch mit einer Patientin wenige Tage vor dem 10. Todestag ihres Kindes. David war 6 Jahre alt, als er starb. Sein Darm war nicht ausgebildet, was ihm sein kurzes Leben lang Verdauungsprobleme bereitete, ihn fast ununterbrochen an Infusionen kettete und mehrere schwere Operationen nötig machte. Das Hoffen und Bangen um dieses Kind ließ bei der Mutter eine so intensive Bindung entstehen, dass sie auch jetzt noch 10 Jahre nach seinem Tod täglich mit ihm lebt und den Schmerz um ihn spürt. Sie zeigt mir das Tagebuch, in dem sie in Fotos und Notizen das Auf und Ab seiner Lebensgeschichte festgehalten hat. Ich sehe die mich schmerzhaft berührenden Bilder von einem blassen Kind, im Rollstuhl sitzend mit Infusionsschlauch am Arm.
Aber es gibt da auch bunte Fotos von dem ausgelassen lachenden David unter anderen Kindern. Seine Mutter berichtet, er habe viele Freunde gehabt, mit denen er ganz unbeschwert sein konnte. Und weiter: Wenn sie ihm einen Wunsch abschlug, konnte sie sicher sein, dass er bei seinem Opa erreichte, was er wollte. Er habe es faustdick hinter den Ohren gehabt und sei insgesamt ein fröhliches Kind gewesen. Als sie davon erzählt, fangen ihre bis dahin traurigen Augen zu leuchten an, Lachfalten bilden sich um ihren Mund und Farbe lässt die Blässe in ihrem Gesicht zurücktreten. Ich staune über die Leichtigkeit, die plötzlich zwischen uns eingekehrt ist.
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