Tunnelzeiten
von Magdalene Schüsselin
Im März war in Tübingen der jährliche Gedenktag für Familien, die um ein Kind trauern. Der Tag begann mit einem Spaziergang durchs Ammertal. An verschiedenen Stationen gab es einen kleinen Impuls und Zeit zum Austausch. Eine der Stationen war dieser Tunnel. Manche Wegstrecken sind dunkel und beklemmend. Wir fühlen uns abgeschnitten vom Leben um uns herum und wissen nicht, wie es weitergehen wird.
Es war schön, dass uns an diesem Tag auf der anderen Seite des Tunnels die Frühlingssonne erwartet hat und wir konnten uns rückblickend darüber austauschen, was uns in den Tunnelzeiten unseres Lebens geholfen und gestärkt hat.
Einige der Teilnehmenden erzählten, dass es die Familie oder gute Freunde waren, die sie in dieser Zeit begleitet haben. Sie waren da, geduldig sind sie Schritt für Schritt an ihrer Seite geblieben und haben die Dunkelheit mit ausgehalten.
Axel Kühner verdeutlicht mit einer Geschichte, wie wertvoll dieses Dasein eines Anderen ist:
Ein Junge darf zum ersten Mal mit seinem Vater in der Eisenbahn mitfahren. Voller Neugier und froher Erwartung stehen sie auf dem Bahnsteig. Endlich fährt der Zug ein. Vater und Sohn suchen sich einen Platz. Das Abteil ist nun mit ihnen vollbesetzt. Der Junge schaut aus dem Fenster und plaudert mit den Mitreisenden über alles, was er draußen sieht. Ganz vergnügt genießt er die Reise und plappert munter darauf los. Plötzlich fährt der Zug in einen Tunnel. Es wird finster. Der Junge verstummt. Er sagt kein Wort mehr. Es wird dunkler. Da schiebt der Junge seine Hand zum Vater hin und fragt: „Papa, bist Du noch da?“ Der Vater nimmt die Hand des Jungen und sagt: „Ja ich bin noch da!“.
Es ist gut, wenn man Menschen hat, die bleiben und mitgehen, auch die dunklen Wegstrecken. König David, der Verfasser des 23. Psalms erlebt Gott als einen, der ihn in dunklen Zeiten begleitet und stärkt. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir“ (Psalm 23, 4)
Ich wünsche uns das Vertrauen in Gott, der da ist und bleibt, unabhängig davon welche Wege wir gehen. Und ich wünsche uns, dass wir als Familien, Freundinnen und Freunde füreinander da sein können. Gott schenke uns dazu den Mut, die Kraft und seinen Segen.
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