Foto: Beatrix Schubert

Woher die Kraft?
von Beatrix Schubert

Der kleine Feigenbaum findet in einem engen Felsspalt Halt und genügend Kraft zum Leben und Wachsen – man kann es kaum glauben. Aber es ist wahr! Ich habe es gesehen, bei einer Wanderung in der Wüste Jordaniens. Woher kommt diese Kraft? Woher kommt der verwegene Mut, sich ausgerechnet hier anzusiedeln? Woher die kühne Hoffnung, dass dieser winzige Spalt genügend hergibt, um genau hier gedeihen zu können?

Mir wird dieser kleine Baum zum Gleichnis, wenn ich Menschen in unseren Kliniken begegne. Da denke ich oft: unfassbar, unter welch widrigen Bedingungen wir leben können und wachsen, mit wie wenig wir auskommen können, was wir aushalten und wie wir uns doch immer wieder nach dem Licht ausrichten … Da stehe ich oft genauso voller Bewunderung davor wie vor diesem Feigenbaum. Und frage mich: woher kommt die Kraft, der Mut, die Hoffnung gegen allen Augenschein? All das schöpfen wir nicht allein aus uns selbst, es ist Geschenk. Ich glaube, da ist das Geheimnis im Spiel, das wir Gott nennen, wenn wir spüren: das Leben ist stärker, stärker als alles, was es uns schwer macht – ja, stärker als der Tod.

Diesen Monat feiern wir Ostern – und da wird mir deutlich: Der kleine Baum, er trägt die Osterbotschaft in sich. Vielleicht kann er Ihnen die Oster-Hoffnung „nach all dem Leiden wird es neues Leben geben“ ein wenig stärken, wenn sie ihn mit eigenen Beobachtungen – der Natur oder auch Ihres Lebens – verbinden können. Vielleicht gerade durch das, was Ihnen in diesen Tagen zugemutet wird. Deshalb: jeden einzelnen Tag soll es etwas geben, was den Mut zum Leben stärkt, und wenn es noch so klein ist!

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Pastoralreferentin
Beatrix Schubert (kath.)