
Alle unsere Kreuze ...
von Kerstin Steegers
Der eigenwillige April, der (wettermäßig) „macht, was er will“, ist zugleich der „österlichste“ der zwölf Monate, auch in diesem Jahr wesentlich geprägt von den Kar- und Ostertagen, die ja die höchsten christlichen Festtage überhaupt sind.
Ich bin ein echtes „Aprilkind“, im zarten Alter von 12 Tagen in der Osternacht auf einen Namen getauft, den es ohne Ostern gar nicht gäbe. So hatte ich von Kindesbeinen an einen besonderen Bezug zu beidem: zum „Ostermonat“ April und zum Osterfest selbst.
Doch wie steht es in diesem Jahr um mich und das Osterfest? Und was denken und fühlen Sie, wenn Sie auf Ostern 2022 zugehen? Schade, dass wir jetzt nicht direkt darüber sprechen können!
Für mich jedenfalls wird Ostern in diesem Jahr sehr anders sein als zuvor. Nach über zwei Jahren der Pandemie, mit den fürchterlichen Bildern aus dem Krieg in der Ukraine in Kopf und Herz und nach vielen Begegnungen mit schwer erkrankten Menschen in den Kliniken wird es mir in diesem Jahr schwerfallen, das „Osterhalleluja“ zu singen, das „Osterlachen“ wird mir schon gar nicht gelingen.
In diesem Jahr wird der Karfreitag „mein höchster Feiertag“ sein, die „Feier vom Leiden und Sterben Christi“ mit der Verehrung des Kreuzes Jesu im Mittelpunkt: Ich werde vor dem Kreuz stehen und alle kleinen und großen Kreuze meines eigenen und des Lebens so vieler Mitmenschen mitbringen und dem Gekreuzigten anvertrauen, seiner Einladung gemäß: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28).
Der Weg zur Auferstehung kommt nicht am Kreuz vorbei, der Weg zum „Leben in Fülle“ (Joh 10,10) führt durch Leid und Tod, so kantig, schmerzlich und unpopulär diese Botschaft auch ist.
Eine schwer an Krebs erkrankte Patientin sagte kürzlich, unter zustimmendem Nicken ihrer Zimmernachbarin, zu mir: „Schade, dass hier in den Zimmern kein Kreuz an der Wand hängt - das würde mir jetzt sehr helfen!“ Als ich ihr, ersatzweise sozusagen, ein kleines Kreuz aus Holz in die Hand legte, war ihre Antwort ein Lächeln unter Tränen: „Daran werde ich mich festhalten…“
Wenn wir nicht davonlaufen, sondern uns und die Kreuze unseres Lebens festmachen am Kreuz Jesu, werden wir am Ende das Leben gewinnen und alle Kreuze hinter uns lassen. Dies ist, durch alles Dunkel hindurch, die frohe, die Botschaft von Ostern.
Vielleicht gelingt es mir ja doch noch, in der Osternacht befreit zu lachen …

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