Mitfreuen am Gewachsenen
von Carola Längle 

Es wird Frühling!  Ganz bestimmt! Es ist noch jedes Jahr Frühling geworden, im einen Jahr früher, im anderen Jahr später. Es gibt unzählige Gedichte und Lieder, die den Frühling besingen und einer Lebensfreude Ausdruck geben, die im Winter zeitweise verloren gegangen zu sein scheint.

Ich warte jedes Jahr auf den Frühling, auf die milderen Temperaturen, die ersten wärmenden Sonnenstrahlen, die Winterlinge und Schneeglöckchen im Garten. Und ich frage mich: warum ist der Frühling eine so hoffnungsfrohe Jahreszeit? 

Jesus erzählt Geschichten über das Wachsen und er verwendet Bilder aus der Natur als Gleichnisse. Da ist die Saat, die wächst, wenn der Sämann sie ausgebracht hat – sie wächst von alleine und bringt Frucht. Da ist das Senfkorn, das winzig klein ist und das Potential hat, zum großen Baum zu werden. Dies liegt in der Natur: Menschen können pflanzen und das Gepflanzte hegen und pflegen, aber wenn das Wachstum der Pflanze in Gang gesetzt ist, geht das Meiste von alleine. Es hilft nichts, ungeduldig zu sein und das Wachstum beschleunigen zu wollen – es braucht alles seine vorbestimmte Zeit. Es hat keinen Sinn, schon im Dezember nach Schneeglöckchen zu suchen – da werde ich nur enttäuscht. Aber wenn Sie zu ihrer Zeit kommen, dann brauche ich nichts zu tun, ich kann mich einfach daran freuen.  

Der Frühling wird so für mich zum Gleichnis:

Ja, so wie die Blumen sicher im Frühling wiederkommen nach der blumenlosen Zeit im Winter, so gibt es auch im Leben unterschiedlich „blumenhaltige“ Zeiten. Es hilft nichts, das Wachsen beschleunigen zu wollen: so wie die Pflanzen, so brauchen sehr viele Dinge im Leben feste Zeiten. Kranke Menschen brauchen Zeit, bis sie wieder gesund werden, Brüche jeder Art brauchen Zeit, bis sie wieder zusammenheilen, äußerliche und innerliche Wunden brauchen Zeit, bis sie nicht mehr wehtun und sich eine neue zarte Haut bilden kann. Dies heißt nicht, dass wir nichts tun können: aber ich denke, ein erster Schritt zum Gesund werden, zum Wachsen in jeder Beziehung ist, jedem Ding die Zeit zu geben, die es braucht.

Es wird Frühling: Zeit, zu sehen, zu staunen, sich zu freuen am Gewachsenen, das sich entfalten wird zu seiner Zeit.  

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Pfarrerin 
Carola Längle (evang.)