„Selig sind, die da Leid tragen“
von Beate Schröder

Wenn ich in der Klinik Besuche mache, höre ich hin und wieder Geschichten, nach denen denke ich: Wie kann jemand das alles ertragen? Ein Schicksalsschlag nach dem anderen. Und kein Ende absehbar. Wenn ich eine solche Geschichte gehört habe, sage ich dann manchmal: „Ich bin ja Pfarrerin. Ich weiß nicht, hat für Sie der Glaube eine Bedeutung? Hilft er Ihnen in Ihrer Situation?“ Gerade letzte Woche sagte eine Patientin daraufhin zu mir: „Nein, das war einmal. Daran kann ich nicht mehr glauben.“ Sie hatte Hilfe erwartet - nach jeder Operation neu. Doch die blieb aus.

Ich verstehe die Enttäuschung, die Zweifel, die nach solchen Erfahrungen entstehen. Es ist ja wirklich schwer zu verstehen, warum einige Menschen eine Not nach der anderen erleben müssen.

Zugleich bin ich fest davon überzeugt, dass Gott bei Menschen in Not  ist, unabhängig davon, ob ihnen letztendlich geholfen werden kann oder nicht. „Selig sind, die da Leid tragen“, sagt Jesus (Mt 5,4) Er selber hat Leid ertragen: Angst, Schmerzen, Tod. Und auch der Apostel Paulus spricht von „Schwachheit, Furcht und Zittern“, die er erfahren hat (1.Kor 2,3). Der Glaube an den einen Gott bewirkt nicht, dass wir vom Unglück verschont bleiben. Doch er schenkt Kraft und Weisheit in der Schwachheit, sagt Paulus. Allerdings „nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, die vergehen.“ (1.Kor 2,6) Wohin weltliche Weisheiten führen können, sehen wir in diesen Tagen in Staaten, die von Despoten regiert werden.

Gottes Kraft aber ist in den Schwachen mächtig. Die Patientin erzählte mir noch, dass sie in Zeiten ihrer Krankheit auch Weisheiten und Einsichten für ihr Leben gewonnen hat. Auf die möchte sie nicht mehr verzichten. Das hat mich beeindruckt. Ihre Enttäuschungen haben wir - trotz aller Zweifel - im Gebet vor Gott gebracht.

Mich stärken solche Begegnungen. Und ich fühle mich dann getragen von der Gewissheit des Apostels Paulus, der sagt: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht.“ (Röm 1,16)

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Pfarrerin
Beate Schröder (evang.)