Foto: Beatrix Schubert

Tun kann ich wenig, aber …
von Friederike Bräuchle

„Du hast dir eine so schwere Aufgabe ausgesucht“, sagte meine Kusine neulich. Sie meint, als Klinikseelsorgerin hätte ich es nur mit schwerkranken und sterbenden Menschen zu tun. Aber ich erlebe es vielfach anders. Als Beispiel erzähle ich ihr eines meiner schönen Erlebnisse.

Eine Patientin wird seit vier Monaten wegen immer neuer Komplikationen behandelt. Seit sechs Wochen leidet sie an massivem Schwindel und dauernder Übelkeit. Sobald sie etwas trinkt oder isst, muss sie sich übergeben. Bewegungslos im Bett zu liegen aber schwächt den Kreislauf und verschärft den Schwindel. Man könne nur warten und hoffen, so versteht sie die Ärzte. Während sie davon spricht, hat sie ein Lächeln im Gesicht, das mich verwundert. „Sie lächeln? Wie geht das, wenn man so übel dran ist?“ „Wissen Sie, ich war schon viel krank, auch schwer krank. Aber es ist immer wieder geworden.“ `Ah´, denke ich, `wenn man so auf seine Krankengeschichte schaut, dann kann sich das Lächeln behaupten.´ „Gibt es für Sie eine Quelle, aus der Sie Kraft schöpfen?“, frage ich sie. „Ich habe einen kurzen Draht zu meinem Herrgott.“ „Und dann wird´s leichter, wenn Sie ihm sagen, wie´s Ihnen ist?“ „Ja, bei ihm ist´s aufgehoben. Er wird schon wissen, wann und wie er mir helfen will.“

Ich staune über das Vertrauen dieser Frau. Sie verkörpert für mich einen „Baum, gepflanzt an den Wasserbächen“ (Jeremia 17,8). Wie ein solcher Baum sich nicht sorgen muss um frisches Wasser, hat diese Frau in ihrem Gottvertrauen eine Kraftquelle, die nicht versiegt. Das strahlt sie aus ohne Worte.

Zum Glück gibt es immer wieder solche Momente, antworte ich meiner Kusine, in denen ich merke: Tun kann ich wenig, aber beschenkt werde ich reich.

 

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Pfarrerin
Friederike Bräuchle (evang.)