Foto: privat (M. Schmitz)

Ein österliches Gespräch
von Mathias Schmitz

„Papa, weißt Du, dass man hören kann, wie in den Bäumen der Saft steigt?“

so einer unserer Jungs voller Begeisterung am Beginn der Karwoche beim Mittagessen. Er war damals vielleicht 9 Jahre alt.Am Vormittag war er mit der Naturschutzjugend im Wald gewesen. Sie hatten Bäume gezählt und bestimmt – und mit dem Stethoskop den „Herzschlag“ der Bäume erlauscht.

Sie haben ihr Ohr an die Stämme gelegt und das Rauschen gehört, mit dem der Saft in die Bäume steigt und Kraft und Wachsen und neues Leben bringt. Und sie haben die Begeisterung mit heimgebracht, dass man dieses in den Stämmen so verborgene Aufsteigen des Lebenssaftes hören kann.

„Papa, weißt Du, dass man hören kann, wie in den Bäumen der Saft steigt?“  

Danach war da ein Gespräch, ein Austausch am Mittagstisch, wie das geschieht, dass der Baum diese Kraft hat. Dass da aus der Tiefe der Erde über Wurzeln und Stamm das Wasser steigt bis in die kleinsten Äste ganz oben – und die Knospen wachsen und platzen auf, und schließlich können wir sehen, dass das neue Leben da ist. Wir staunten gemeinsam über das Wunder, dass das alles so geschieht.

Und in mir drin dachte ich damals die ganze Zeit: Das ist eigentlich ein sehr österliches Gespräch, das wir da führen. Und ich habe das nie vergessen seit damals.

Denn mir sagte das: Ostern heißt, das Ohr an den Stamm des Lebens legen und ins Verborgene hören!? Nur erst mal hören. Vielleicht überhaupt erst mal hören lernen!?

Die Ostererzählungen sprechen ja genau davon. Die Frauen, die frühmorgens kommen, um nach dem Grab zu sehen, sie hören die Stimme des Engels. Und der sagt – wie all die vielen Gottesboten vor ihm: „Fürchtet euch nicht!“ Und er gibt ihnen zu verstehen:Ich weiß um euer Entsetzen. Ich weiß um euren Schmerz. Ich weiß um eure Suche. Ich weiß um eure Trauer. Ich weiß um eure Angst. Um das alles wissend sagt er: „Fürchtet euch nicht!“

Man muss Ohren haben, die so was hören können. Man muss sich anlehnen an den Baum, der wie tot ist. Ganz nah ran muss man kommen an die Gräber, an den Schmerz. Zu sehen gibt es eigentlich nichts. Aber zu hören. Aber zu hören...

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Pfarrer
Mathias Schmitz (evang.)